Hochbahn

Hochbahn-Gespräche

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Oft, zu oft, bin ich mit der U-Bahn in Hamburg unterwegs. Das Un-/Wetter treibt mich – den Radler bei Wind und Wetter – in die feucht-warmen Wagen, in dem die Keime und Viren gemeinsam Party feiern. In Hamburg heißt die U-Bahn allerdings Hochbahn. Sie taucht recht bald aus dem Untergrund auf, sobald sie den Innenstadtbereich verlassen hat und zieht im Abstand von etwa 5 Metern an Häusern und Balkonen vorbei.

Ich bin in der Bahn nicht online und kann daher offline die Gespräche andererseits verhinderter Radler mitverfolgen. Bereits morgens den ein oder anderen Bierkonsumenten zu begegnen, ist für keine Stadt etwas besonderes – leider! Viel spannender sind aber die vielen Telefongespräche mit Fragen wie „Bist Du verletzt?“ oder „Er liegt gerade im Krankenhaus.“ oder „Ich hab ihn gerade bei der Polizei abgeholt.“ (dabei sitzt ein zerlumpter und blutender Jugendlicher). Das müssen sehr bedauerliche Schicksale sein, die sich ab der Haltestelle „Reeperbahn“ nachvollziehen lassen.

Auf der Reeperbahn wird jeder mit außerordentlichen Verhaltensregeln konfrontiert. Für mich völlig neu und ungewöhnlich ist, dass keine Pistole getragen werden darf und die Sammlung zerbrochener Glasflaschen nicht erlaubt ist. Was soll ich denn sonst auf der Reeperbahn?

So lustig das Schild sein mag, einige Fahrgäste lassen viel Spielraum für Interpretationen. Auf dem Weg Richtung Altona steigen ein junger Mann und eine Frau in die Bahn ein. Auf dem Weg zu ihrer Station Reeperbahn unterhalten sie sich leise und daher kaum verständlich. Ihre Augen sind wässrig, ihre Stimme klingt weinerlich. Seine Haltung bleibt starr und fixierend. Sie steht mit dem Rücken zur Wand, förmlich umringt von ihrem „Begleiter“. Beim Aussteigen bleibt der Mann nah an ihrer Seite und bringt sie an ihren unfreiwilligen Arbeitsplatz zurück.

Ältere Herrschaften nehmen auf dem Weg in ihr gemütliches zu Hause in Norderstedt auch gerne an der Intergrationsdebatte teil und werden sehr konkret. Mit den Worten „Wenn die sich nicht integrieren wollen, dann sollen sie gehen“, wird die Zukunft von Migranten durchgeplant. Die Punks unter den Brücken der Stadt dagegen scheinen voll integriert zu sein in unsere Gesellschaft. Kein Wort ist über sie zu lesen oder zu hören.